Blogpost: Team’s Anatomy: Die Anatomie eines Teams verstehen und nutzen

Wie funktioniert ein Team wirklich? Was macht ein Team zu einem Team – und nicht bloß zu einer Gruppe?

Der Artikel „Team’s Anatomy“ soll Ihnen helfen, Ihr Verständnis für das multidimensionale, komplexe Phänomen Team zu vertiefen. Im Fokus steht die strukturelle Beschaffenheit eines Teams, die in ihrer Natur leistungsorientierte Gruppendynamiken fördert.

Die hier vorgestellten Erkenntnisse basieren auf meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Teams sowie meiner 13-jährigen Berufserfahrung als Teamcoach im professionellen Leistungssport und in Unternehmen.

Warum sollten Sie die Anatomie eines Teams kennen?

Ein fundiertes Wissen über die Anatomie eines Teams ermöglicht es Ihnen:

  • Fehlannahmen zu erkennen und zu vermeiden

  • Strukturen zu etablieren, die Zusammenhalt und Leistung fördern

  • Dynamiken besser zu steuern, bevor sie destruktiv wirken

Das Ziel: ein leistungsfähiges, funktionales Team – der Erfolg Ihres Teams hängt davon ab.

Ab wann ist eine Gruppe ein Team?

Der Begriff „Team“ wird oft inflationär gebraucht – meist, um Arbeitsgruppen „moderner“ klingen zu lassen oder ein Wir-Gefühl zu erzeugen. Das führt jedoch häufig zu einer überhöhten Erwartung an die Leistungsfähigkeit der Gruppe.

Die Folge: negative, teils destruktive Gruppendynamiken, die Leistung und Arbeitsklima beeinträchtigen.

Viele Führungskräfte wünschen sich eine einfache Anleitung: „Was muss ich tun, damit mein Team erfolgreich ist?“
Doch Achtung: Teams funktionieren nicht nach linearer Ursache-Wirkung-Logik.

Wie Lumley (1997) betont, braucht es nichtlineare Modelle, um die Dynamik von Teams zu verstehen. Auch Bruce Tuckman (1965) lieferte mit seinem Modell der Teamphasen wertvolle Grundlagen.

Das Team als Organismus

Teams sind multikomplexe, dynamische Organismen.
Ähnlich wie ein menschlicher Körper entwickeln sich essentielle Strukturen – Herz, Gehirn, Skelett – nicht isoliert, sondern miteinander verflochten.

Genauso sind auch in Teams verschiedene Strukturfaktoren eng miteinander verknüpft.
In der Forschung werden drei Faktoren als unverzichtbare „Minimalanforderungen“ für ein Team anerkannt:

  • Gemeinsames Ziel

  • Ergänzende Fähigkeiten

  • Gemeinsame Verantwortung

Erst wenn diese drei Faktoren gegeben sind, ist eine Gruppe tatsächlich ein Team.

1. Gemeinsames Ziel: Der Motor für Zusammenhalt und Orientierung

Das gemeinsame Ziel ist mehr als ein motivierender Spruch – es beeinflusst zentrale Prozesse im Team:

Motivation

Ein gemeinsames Ziel kann die Motivation stärken – aber nur, wenn es auch individuelle Zielstellungen integriert. Ohne diese Passung ist die Motivation oft nicht nachhaltig. Praxisbeispiel: Wie motiviert man Nicht-Stammspieler:innen über eine ganze Saison hinweg? Das Ziel „gemeinsam gewinnen“ allein reicht hier nicht.

Identifikation

Das gemeinsame Ziel kann starke Identifikation schaffen – vor allem, wenn es mit ideellen Werten verknüpft ist. Beispiel: Das Team von „Ärzte ohne Grenzen“ wird sich stärker mit dem Ziel „Leben retten“ identifizieren als ein Marketingteam mit der Bewerbung eines Produkts.

Orientierung

Ein gemeinsames Ziel gibt Handlungsorientierung:

  • Nach welchen Kriterien entscheiden wir?

  • Welche Prioritäten gelten?

  • Woran orientieren wir uns im Konfliktfall?

Teil-Erfolge

Kleinere, sichtbare Etappenziele fördern die Motivation. Transparenz über Fortschritte ist besonders bei langfristigen Zielen wichtig. Beispiel: Ein Sportteam, das regelmäßig kleine Siege einfährt, entwickelt mehr Vertrauen in die gemeinsame Leistungsfähigkeit.

2. Ergänzende Fähigkeiten: Die Basis für Interdependenz

Ein Team braucht unterschiedliche, sich ergänzende Fähigkeiten, um komplexe Aufgaben zu bewältigen.

Die gegenseitige Abhängigkeit der Mitglieder ist entscheidend.
Erst durch diese Abhängigkeit entsteht eine Dynamik, die echte Zusammenarbeit notwendig macht.

Dies ist zugleich die Quelle für Bestleistungen – aber auch für Konflikte. Ohne ergänzende Fähigkeiten ist ein Team lediglich eine Gruppe ohne Synergien.

3. Gemeinsame Verantwortung: Zusammenhalt durch geteilte Konsequenzen

Gemeinsame Verantwortung entsteht durch die Aufgabe selbst – oder eben nicht.

Beispiel Sport: Ein Team gewinnt oder verliert gemeinsam. Teil-Erfolge oder Einzelgewinne sind strukturell nicht vorgesehen.
Je größer die Konsequenzen, desto stärker die empfundene Verantwortung.

Teamgröße

Studien zeigen: Ab etwa 15 Mitgliedern sinkt die wahrnehmbare gegenseitige Verantwortung. Kleinere Teams fördern Verantwortungsgefühl und Zusammenhalt.

Disziplinarischer Rahmen & Arbeitsansatz

Ein klarer Rahmen (z.B. „Welches Verhalten gefährdet den Teamerfolg und wird daher nicht toleriert?“) und ein gemeinsamer Arbeitsansatz (z.B. „Welche taktische Linie verfolgen wir?“) stärken die gemeinsame Verantwortung.

Selbstorganisation

Je höher die Selbstorganisation, desto größer die gemeinsame Verantwortung. Teams in komplexen, dynamischen Umgebungen müssen flexibel handeln – das erfordert Eigenverantwortung.

Fazit: Teams verstehen, Teams entwickeln

Die drei strukturellen Minimalanforderungen – gemeinsames Ziel, ergänzende Fähigkeiten, gemeinsame Verantwortung – bilden die Grundlage leistungsorientierter Gruppendynamiken.

  • Teams sind komplexe, dynamische Organismen, die nicht nach linearen Kausalitäten funktionieren.

  • Teams brauchen gezielte Entwicklung und Führung, die diese Strukturen aktiv gestaltet.

Als Führungskraft oder Coach liegt es an Ihnen, diese Strukturen zu erkennen, zu fördern und an die spezifischen Anforderungen Ihres Teams anzupassen. Nur so entstehen leistungsfähige, resiliente Teams, die im Stress bestehen und gemeinsame Erfolge erzielen.

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Blogpost: Teams beweisen sich im Stress